Sarah hat ihre Wette gewonnen. Stellvertretend für alle Frauen der Welt, die noch um ihre Freiheit kämpfen, ist es ihr gelungen, dort, wo die Erde endet und das Meer beginnt, ihren Baum zu erreichen, das Ziel ihres unglaublichen Marschs „explorasia“: drei Jahre Extremwandern, von Sibirien bis Australien.
Zu dem Zeitpunkt, an dem ich diesen Artikel schreibe, hat mich unsere Abenteurerin, Entdeckerin und Autorin seit einem Monat in ihren Rucksack gepackt und ich bin unterwegs mit ihr: auf einer der intensivsten, schönsten, schwierigsten, fantastischsten und aufregendsten Reisen überhaupt. Die ich mir nicht im Geringsten erträumt hätte, als mir meine Mutter den neusten Roman der jungen Autorin schenkte: sauvage par nature (von natur aus Wild).Besser hätte der Titel nicht passen können für die Schweizerin mit dem Faible für extreme Situationen. Im Laufe der Lektüre lernt man sie besser kennen und erfährt anhand zahlreicher Begebenheiten, dass sie durchaus keine Anfängerin auf dem Gebiet ist. Schon mit 8 verbrachte sie in Begleitung ihres Hundes heimlich eine Nacht in einer Grotte … von Natur aus wild … Vorsicht, der Schein trügt! Sarah ist eine echte Kriegerin, in der Lage, einem Angriff mongolischer Reiter zu entkommen und vor Drogenändlern im Dschungel von Laos zu türmen. Sobald Gefahr im Verzug ist, taucht sie unter, entgleitet in die Nacht, und verkleidet sich zum Überleben auch schon mal als Mann. Schon auf den ersten Seiten, auf denen die Autorin die Reisevorbereitungen in ihrer Schweizer Heimat schildert, fühlt man sich mit ihr vertraut. Es ist, als mache sie einem ein Plätzchen in ihrem Gepäck frei, so zwischen Zelt und Thermoklamotten, um einen an ihrer Reise teilhaben zu lassen. Man riecht förmlich die Gerüche der Atmosphären, die sie mit Liebe fürs Detail und die Natur beschreibt, das Aufeinanderprallen mit gewissen Kulturen regt zum Schmunzeln an. Man glaubt den Adrenalinschub und die Überlebensinstinkte zu verspüren, wenn sie Situationen der Todesgefahr beschreibt, um dann wieder jene wahren Glücksmomente zu empnden, die sich zwischen zwei Zeltlagern einstellen, die unsägliche Wonne, schlicht und einfach ihren geliebten heißen Tee zu genießen. Erquicken- der Moment des Einklangs mit sich selbst. Am beeindruckendsten jedoch ist ihre respektein ößende Entschlossenheit. Ihre Lebens- philosophie lässt Abenteuerlust aufkommen und entführt in nie gekannte Ge lde. Auf den Schritten von Sarah Marquis erscheinen einem wilde Tiere und die Natur für Augenblicke erstaunlich ver- traut. Wie ein Baby entschlummert sie in unmittelbarer Nähe von Schlangen und Wölfen. Mehr als so mancher männliche Artgenosse steht Sarah ihren Mann. … Nur mit dem notwendigsten, dafür aber lebenswichtigen Material ausgestattet, hat sich unsere „Langnase“ (wie die Mongolen sie nennen) extremsten Situationen angepasst, um herauszu nden, was uns mit der Erde und dem Universum verbindet. Und so überlasse ich ihr auch das Schlusswort, niedergeschrieben in der Wüste Gobi in der Mongolei (und in meinem Buch mit Text- marker angestrichen): „Mir war schon immer klar: Im Leben kommt nichts von nichts, alles hat seinen Preis. Umso intensiver genieße ich die Magie dieser Augenblicke. Wenn Sie jetzt hier zu mir in mein Camp stoßen würden, würden sie ein zufriedenes Lächeln an mir bemerken. Sie würden mich ganz sicher nach dem Grund meines Glücklichseins fragen… Und ich würde antworten: Ich bin am richtigen Ort, zum richtigen Zeitpunkt, das ist alles. Ich spüre es, ich weiß es. Mein Herz atmet im Einklang mit der Erde.“
