Sitzt du bequem ?
Jetzt lege deine Füsse hoch und atme tief durch.
Denn es folgt eine Geschichte, die alleine für dich bestimmt ist. Shhh…
Die Ursprünge dieser Geschichte finden sich im Fernen Osten, zu einer Zeit, als China mit brillanten Kenntnissen in Wissenschaft und Weisheit strahlte. Oh, was für grossartige Geister gab es in diesen Zeiten ! Einige Namen klingen durch die Jahrhunderte und Jahrtausende bis heute nach, andere gingen verloren, doch ihre Botschaften haben Bestand, denn ihre unveränderliche Wahrheit machen sie ewig gültig.
Ich erlaube mir eine kleine Abschweifung, aber das bleibt unser Geheimnis. Aus dem stattlichen chinesischen Prinzen mache ich einen aus unserer eigenen mittelalterlichen Geschichte. Das soll nicht heissen, dass ich einen bestimmten im Kopf habe, aber ein Held unserer eigenen Geschichte wird die Worte vertrauter erscheinen lassen.
Dieser junge Prinz wusste, dass die tugendhafte Herrschaft seines Vaters, des Königs, vor allem auf Zuhören und Beobachten basierte. Die Erde, das Leben und die Menschen waren ebenso die Quelle für Inspiration, wie versteckte Mysterien, um Dinge über Grösse, über den Menschen und seine Seele zu lernen. Eines Tages machte er sich auf, um seine Ländereien zu durchstreifen, mit dem Ziel, ein würdiger Erbe seines Vaters zu werden.
Es war ein schöner, sonniger Tag. Der Frühling lachte vor Leben und erfüllte das Herz. Am Wegesrand waren dasLächeln der Kinder und die aufrichtigen Begrüssungen der Dorfbewohner willkommene Zeichen einer harmonischen Herrschaft. Er lenkte sein Schlachtross zu den neuesten, grossen Baustellen des Reiches. Dort sah der Prinz einen müden Mann, der mit ernstem Gesichtausdruck und gerunzelter Stirn einen Stein bearbeitete. Sein offensichtlicher Stress war ein Wermutstropfen in der glücklichen
Harmonie seiner Umgebung. „Was tust du lieber Freund, und warum bist du unglücklich mit deiner Aufgabe ?“, fragte der Prinz. „Mein lieber Prinz, das Leben ist hart. Ich verbringe meine Tage damit, Steine zu spalten. Meine Muskeln schmerzen und der Stein ist hart. Ich schwitze, und die Tage nehmen kein Ende. Wie soll ich in einer solchen Situation glücklich sein ?“ antwortete der junge Mann, der unter dem Gewicht seiner Bitterkeit frühzeitig gealtert war.
Traurig setzte der Prinz seinen Weg fort.
Ein paar hundert Meter weiter sah der Prinz einen Mann, der völlig auf seine Aufgabe konzentriert war. Er bearbeitete ebenfalls Steine, aber nicht auf die gleiche Art und Weise. Überrascht beobachtete ihn der Prinz. Er war konzentriert und sein ernsthafter Ausdruck nahm keine Notiz von seiner Umgebung.
„Was tust du mein Freund, warum bist du so konzentriert ?”, fragte der Prinz.
„Mein lieber Prinz, ich bearbeite Stein. Ich habe diese Arbeit schon tausendmal gemacht, und tausendmal suchte ich Perfektion. Ich bin ein Steinmetz und versuche, meine Arbeit zu perfektionieren.“ Überrascht von dieser Antwort setzte der Prinz seinen Weg fort, nachdenklich, aber noch nicht am Ende der Überraschungen, die ihn erwarteten ! Ein fröhliches Lied zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Ein Stück weiter arbeitete ein weiterer Mann mit Steinen. Sein melodisches Lied war so leicht und schön wie eine Liturgie. „Was tust du, mein lieber Freund, und warum scheinst du an diesem schönen Tag so glücklich zu sein ?“, fragte der Prinz. „Mein lieber Prinz, wie könnte es anders sein ? Aus dem Boden breche ich Steine. Aus dem Stein schaffe ich Werte. In diesen Werten finde ich Sinn. Mein lieber Prinz, ich bin glücklich, weil ich mit meinen eigenen Händen eine Kathedrale erbaue !“ Und der Prinz kehrte zurück und wusste, dass hinter jedem Was ein Wie und ein Warum stecken, die in perfektem Zusammenspiel zum Glück führen können.
