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„Wir leben in einem Käfig, aber wir möchten uns frei fühlen“: Parkour-Workshops im Gazastreifen

Rennen, Springen, Klettern. Diese Formen von Bewegung sind für Kinder natürlich und für ihre Entwicklung zentral. Aber nicht überall auf der Welt sind die Voraussetzungen dafür gegeben. Ein solches Beispiel ist der Gazastreifen. In dem Gebiet mit einer der höchsten Bevölkerungsdichten weltweit und prekärer Sicherheitslage sind Spiel und Bewegung für Kinder nicht selbstverständlich. Der anhaltende Konflikt zwischen Israel und Palästina ist ein dunkles Kapitel Menschheitsgeschichte. Es geht dabei um Territorium, Religion und Politik, aber auch um Menschenrechte, persönliche Schicksale und Identität. Als Resultat davon leben im Gazastreifen, einem von zwei palästinensischen Autonomiegebieten, fast zwei Millionen Menschen auf engstem Raum zusammen. Sie werden durch eine Mauer und Zäune vom Rest des Landes abgeschirmt, die Ein- und Ausfuhr von lebenswichtigen Gütern wird kontrolliert und rationiert, ebenso Wasser, Strom, Internet. Hinzu kommt die ständige Angst vor Willkür und Gewalt seitens der israelischen Regierung. Beinahe 50% der Bewohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens sind jünger als 15 Jahre. Dieser Teil der Bevölkerung ist in ständigem Krieg aufgewachsen. Genaue Zahlen fehlen, aber es ist davon auszugehen, dass der grösste Teil von ihnen unter konfliktbedingten psychischen Problemen wie Traumata leidet.

Rennen, Springen, Klettern. Diese Formen der Bewegung sind die Grundlage von Parkour, einer Bewegungskunst. Was ursprünglich aus einem Fluchtgedanken in den Vororten von Paris entstand, wird seit einigen Jahren als Sportart immer populärer. Das schweizerisch-deutsche Unternehmen ParkourONE hat es sich zur Aufgabe gemacht, Parkour in seiner Ganzheit professionell zu vermitteln, denn Parkour ist nicht nur Sport und körperliche Betätigung, sondern auch Lebenseinstellung und Philosophie. Dazu entwickelte ParkourONE das Konzept TRuST (= Training und Standard). Dies ist ein umfassendes Ausbildungs- und Unterrichtssystem, das die Qualität der Trainings sichert. Zudem beinhaltet TRuST ein Wertesystem, welches Werte wie Bescheidenheit, Vertrauen, Respekt, Vorsicht, Konkurrenzfreiheit und Mut in den Vordergrund des Unterrichts rückt. Im Training aufgebaute psychische Kompetenzen sollen auch im Alltag Verwendung finden. Neben Trainings, der Ausbildung von Trainerinnen und Trainern und der Zusammenarbeit mit Institutionen des Bundes oder der öffentlichen Sicherheit engagiert sich das Unternehmen auch im sozialen Bereich. Beispiele dafür sind Workshops mit Suchtkranken oder Menschen mit Behinderungen.

Parkour im Gazastreifen
Durch den Kontakt mit Caritas Schweiz entstand die Idee und später das Projekt, zwei Trainer und eine Trainerin der ParkourONE Academy in den Gazastreifen zu schicken, um mit Kindern zwischen 6 und 12 Jahren Workshops durchzuführen. Unterstützt, und zu einem grossen Teil organisiert, wurde das Projekt vom Hilfswerk YEC in Gaza, das Kindern und Jugendlichen hilft, mit ihren schwierigen Lebensumständen und kriegsbedingten Traumata umzugehen. Über ein Jahr Planung ging der Umsetzung voraus, immer wieder war die Sicherheitslage nicht genug gut um die Reise zu wagen. Im August 2016 war es endlich so weit: Karina, Philipp, Arvo und der Fotograph und Filmemacher Stavro passierten den Checkpoint zwischen Israel und Gaza.

„Gaza-Stadt war ganz anders, als ich es mir vorstellte. Es waren viele unfertige Häuser und auch Einschusslöcher zu sehen, aber es war sehr viel los und schon nach den ersten zerstörten Gebäuden kam man am ersten Fastfood-Stand vorbei. Auf den Strassen waren neben Autos viele Karren, die von Eseln und Pferden gezogen wurden.“ – Arvo, Headcoach ParkourONE Academy

In den folgenden zwei Wochen besuchten 144 Mädchen und Jungen ihre Workshops. Die Kinder lernten spielerisch die Grundsätze von Parkour, sie lernten Hindernisse zu überwinden und ihren Körper effizient einzusetzen. Neben der körperlichen Betätigung war das Hauptziel, den Kindern im Umgang mit ihren Traumata zu helfen. Durch das körperliche Training wurden Selbsteinschätzung, Selbstwahrnehmung und Selbstvertrauen gestärkt. Die Kinder sollten Freude und Erfolge erleben und die Möglichkeit erhalten, eine neue Freizeitaktivität kennenzulernen. Amany Mubarak von YEC beschrieb die psychologische Komponente der Workshops folgendermassen:

„Es dreht sich alles ums Leben – um den Lebensentwurf. Es geht um Vertrauen, wie man bescheiden sein kann, alles in der Balance zu halten… Die Stärke auch, wie man stark sein kann. Es geht um die Probleme, welchen man sich im Leben stellen muss und wie man diese Hindernisse überwindet.“ – Amany, Programm-Managerin YEC

Neben den Workshops fand ein enger Austausch mit Parkour Gaza, der einheimischen Parkour-Community statt. Beide Seiten konnten voneinander lernen und Parkour Gaza betonte, wie viel ihnen der Besuch bedeute. Der Austausch mit einer anderen Gemeinschaft ist für sie keine Selbstverständlichkeit, da die Bewegungsfreiheit der Bewohner und Bewohnerinnen in Gaza massiv eingeschränkt wird und sie das Gebiet nicht so ohne Weiteres verlassen dürfen.

„We live in a cage but we want to feel free.“ – Abdallah, Parkour Gaza

Sowohl zu Parkour Gaza als auch zu den Mitarbeitenden von YEC entwickelten sich in den zwei Wochen Freundschaften und es fanden viele Gespräche zu den unterschiedlichen Situationen in der Schweiz/Deutschland und in Gaza statt. Der Austausch half den Coaches von ParkourONE, das Verhalten der Kinder besser zu verstehen, die die Situation selber noch nicht formulieren können, jedoch mit den Sorgen der Erwachsenen mitleiden.

„Wir hatten ein sehr emotionales Gespräch. Im Alltag merkt man nichts davon, aber wenn sie von ihrer Situation erzählen, spürt man all das Leid das sie erlebt haben und die Angst. Die Angst ein Familienmitglied zu verlieren, die Wut darüber, zu wenig Medikamente zu haben, eingesperrt und abhängig zu sein.“ – Arvo, Headcoach ParkourONE Academy

Der Abschied aus Gaza fiel schwer. Die zwei Wochen waren intensiv, herausfordernd und lehrreich. Die Kinder konnten viel aus den Workshops mitnehmen, insbesondere in Bezug auf die vermittelten Werte, die mit Parkour nach TRuST verbunden sind. Aber auch der persönliche und kulturelle Austausch zwischen den Coaches von ParkourONE und den Menschen in Gaza war für beide Seiten bereichernd. Das Projekt zeigt, wie sich Menschen trotz Schranken und Schwierigkeiten und unabhängig von Alter, Geschlecht, Religion oder Staatszugehörigkeit vernetzen, austauschen und einander helfen können. Phil von ParkourONE schreibt zum Schluss der Reise in sein Tagebuch:

“Was ich den Leuten zuhause mitgeben würde: Geht reisen. Erlebt andere Menschen. Erlebt andere Kulturen.“ – Phil, Headcoach ParkourONE Academy

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